Sorgerecht und Umgangsrecht nach Trennung

Die Trennung stellt Eltern vor besondere Herausforderungen im Zusammenhang mit den gemeinsamen Kindern. Schnell entstehen Konfliktsituationen, die für alle Beteiligten enorm belastend sind, besonders für die Kinder.

Oft wissen die Eltern nicht genug über ihre Rechte, Pflichten und Möglichkeiten.

Wir haben für Sie die dazu am häufigsten gestellten Fragen beantwortet:

Sorgerecht

Durch Trennung und Scheidung ändert sich am Sorgerecht nichts. Die gemeinsame elterliche Sorge bleibt im Regelfall bestehen. Ausnahmen (also die Übertragung der Sorge auf nur ein Elternteil) sind nur möglich, um schwerwiegende Gefahren für das Kindswohl abzuwenden.

Zum Sorgerecht gehört das Aufenthaltsbestimmungsrecht, also vor allem die Entscheidung, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat oder etwa den Urlaub verbringt. Diese Entscheidungen können die Eltern nur gemeinsam treffen oder ändern.

Wesentliche Entscheidungen zu Gesundheit (z.B. Behandlungen, Operationen), Schulbesuch und Vermögen (z.B. Kontoeröffnung, Geldanlage) des Kindes können die Eltern nur gemeinsam treffen.

Fragen der Alltagssorge (z.B. wann das Kind zu Bett geht, was es isst, was es anzieht) trifft immer nur der, bei dem das Kind sich gerade aufhält).

Können sich die Eltern in einer Einzelfrage nicht einigen (Beispiele: Darf das Kind seinen Urlaub in einem Land mit politischen Unruhen verbringen? Darf es ein Jahr ins Ausland gehen?) muss das Familiengericht angerufen werden. Es ergeht dann eine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage.

Umgangsrecht

Nein. Das Gesetz unterscheidet nicht danach, wem das Sorgerecht zusteht. Das Umgangsrecht ist ein selbstständiges Recht neben dem, Sorgerecht und völlig voneinander unabhängig gestaltet.

Ja. Jeder Elternteil ist nicht nur zum Umgang mit dem minderjährigen Kind berechtigt, sondern auch verpflichtet. Lehnt der Umgangsberechtigte den Umgang ab, so kann er zwar mit einer gerichtlichen Entscheidung dazu verpflichtet werden. Ein solcher Beschluss kann aber in der Regel nicht vollstreckt werden. Fazit: Umgangspflichten können nicht erzwungen werden.

Ja. Es werden nicht nur Besuche durch das Umgangsrecht erfasst. Zum Umgangsrecht gehört auch der briefliche und telefonische Kontakt. Damit gilt auch insoweit – jedenfalls vom Grundsatz her – das Gebot, dass sich der Umgangsberechtigte außerhalb der gerichtlich festgelegten Umgangszeiten der Kontaktaufnahme zu enthalten hat. Kontrovers diskutiert, inwieweit ein Anspruch – unabhängig wer die Kosten trägt – auf Einrichtung eines separaten Kinderanschluss oder überlassen eines kindgerechten Handys besteht.

Nein. Eine Kontrolle dieser Kontakte ist ein Verstoß gegen die Loyalitätspflicht und ist damit unzulässig.

Ja. Das Umgangsrecht umfasst auch das Recht, dem Kind persönliche Geschenke zu machen, soweit sie nicht den Interessen des Sorgeberechtigten zuwiderlaufen.

Ja. Dem Umgangsberechtigten steht das Umgangsbestimmungsrecht zu. Deshalb kann er grundsätzlich bestimmen, ob eine dritte, ihm bekannte Person an dem Umgang teilnimmt. Das Umgangsbestimmungsrecht ist aber nicht unbeschränkt. Bewirkt der Umgang des Kindes mit der dritten Person Gefahren für das Kind, so kann das Familiengericht das Umgangsbestimmungsrecht insoweit beschränken.

Grundsätzlicher Ort der Besuche des Kindes ist die Wohnung des Besuchsberechtigten. Nur in Ausnahmefällen, die im Zusammenhang mit dem Wohl des Kindes stehen, kommen andere Regelungen in Betracht.

Nein. Etwas anderes kann aber gelten, wenn das Kindesinteresse dieses rechtfertigt. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die Umgangskontakte erst angebahnt werden und es auf Seiten des Umgangsberechtigten bereits zu einer Entfremdung gekommen ist.

Bei Säuglingen und Kleinkindern, die nur den betreuenden Elternteil als Bezugsperson kennen oder sehr an diesem hängen, kann für eine Übergangszeit eine Anwesenheit des betreuenden Elternteils angeordnet werden.

Nein. Für Ferienzeiten bestimmt der Umgangsberechtigte den Aufenthalt und die Art der Ferien. Allerdings sollte man den betreuenden Elternteil bei längeren Aufenthalten informieren. Der betreuende Elternteil muss wissen, wo sich das Kind aufhält. Zudem ist zu beachten, dass bei Auslandsaufenthalten, die von erheblicher Bedeutung sind, die Zustimmung des betreuenden Elternteils erforderlich ist. Zu denken ist insofern etwa an Reisen in Gebiete, für die besondere Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes gelten, für die besonderer Impfschutz erforderlich ist, für die eine Schulbeurlaubung herbeigeführt werden müssen etc..

In erster Linie sollten die Eltern über den Umfang der Besuchskontakte eine Regelung treffen. Nur wenn sich die Eltern nicht einigen können, entsche4idet das Gericht. Üblich sind dann 14-tägige Wochenendumgänge, was allerdings auch stark vom zu entscheidenden Einzelfall abhängt. Bei jüngeren Kindern wird das Gericht zumeist häufige, aber kürzere Besuchskontakte festlegen.

Ja. Elternvereinbarungen sind bindend, allerdings nicht vollstreckbar. Wenn ein Elternteil von der Elternvereinbarung abweicht, muss zunächst eine gerichtliche Festsetzung des Umgangs beantragt werden.

Nein. Elternvereinbarungen haben grundsätzlich Vorrang, soweit zumindest ein Elternteil auch Inhaber der elterlichen Sorge ist.

Wenn Eltern sich nicht einigen können, kann das Familiengericht angerufen werden. Das Familiengericht entscheidet sodann über den Umgang.

  • 14-tägiger Wochenendkontakt, beginnend am Freitag, endend am Sonntag
  • Doppelfeiertage werden zwischen den Eltern aufgeteilt, zumindest bekommt der umgangsberechtigte Elternteil den zweiten Feiertag, möglich aber auch jährlicher Wechsel
  • jeweils die Hälfte der gesetzlichen Schulferien

Nein. Ständige telefonische Erreichbarkeit während der Besuchskontakte kann der betreuende Elternteil nicht verlangen. Umgekehrt ist aber auch eine ständige telefonische Erreichbarkeit des betreuenden Elternteils nicht notwendig, um z. B. das Kind vor Ablauf des Besuchskontaktes wieder abzuholen.

Ja. Grundsätzlich sind Übernachtungskontakte vorgesehen und üblich. Hier wird aber letztendlich das Kindesinteresse ausschlaggebend sein, wobei das bloße Alter des Kindes kein maßgebliches Kriterium ist.

Es ist Aufgabe des Umgangsberechtigten, das Kind zu holen und nach Beendigung des Umgangsrechts wieder pünktlich zurückzubringen. In Ausnahmefällen kann es aber angezeigt sein, auch den betreuenden Elternteil zu verpflichten. Dieses kommt insbesondere bei erheblicher räumlicher Distanz in Betracht. Dem Umgangsberechtigten ist es jedoch zuzumuten, eine Fahrtzeit von 4 Stunden pro Fahrtstrecke auf sich zu nehmen.

Zu den Besuchszeiten muss der betreuende Elternteil das Kind bereit halten und ihm die notwendige Sachen mitgeben wie Ersatzkleidung, Medikamente, Brille etc..

Nein. Fällt ein Besuchstermin aus Gründen in der Person des Umgangsberechtigten aus, besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, den ausgefallenen Termin nachzuholen. Dies betrifft auch Umgangskontakte, die aufgrund der Ferien des anderen Elternteils ausfallen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Eltern vereinbart haben, dass Ersatztermine stattfinden sollen, beispielsweise wenn der Umgang aus kindbezogenen Gründen ausgefallen ist.

Die Kosten der Besuchskontakte fallen grundsätzlich dem Besuchsberechtigten zur Last. Gleichwohl sind über das Maß hinausgehende Umgangskosten – beispielsweise erhebliche Flugkosten – berücksichtigungsfähig und zwar indem Entweder Kosten vom Einkommen abgezogen werden oder aber der (Ehegatten-) Selbstbehalt erhöht werden kann.

Zeichnet sich im Umgangsverfahren eine nachhaltige Verweigerungshaltung des betreuenden Elternteils ab, kann eine Umgangspflegschaft angeordnet werden. Es reicht eine nachhaltige Vereitelung im Umgang durch den betreuenden Elternteil.

Der Umgangspfleger hat das Recht, den Aufenthalt des Kindes für die Dauer des Umgangs zu bestimmen und auch die Herausgabe des Kindes zwecks Durchführung des Umgangs zu verlangen. Dem Umgangspfleger wird nur die Durchführung des Umgangs übertragen.

Ein Vermittlungsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren,. welches nur auf Antrag eines Elternteils eingeleitet werden kann, wenn eine gerichtliche Umgangsentscheidung oder eine gerichtlich gebilligte Vereinbarung Probleme in ihrer Umsetzung gestaltet. Das Gericht kann die Einleitung des Verfahrens jedoch ablehnen, wenn es nicht als erfolgsversprechend zu prognostizieren ist.

Der betreuende Elternteil kann durch die Anordnung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft zur Einhaltung des Umgangskontaktes angehalten werden. Voraussetzung ist ein schuldhafter Verstoß des betreuenden Elternteils. Der betreuende Elternteil ist in der Beweispflicht. Er muss das Nichtverschulden vortragen und ggf. beweisen.

Gerichtliche Verfahren

Gerichtsverfahren sind eine Belastung für jeden Beteiligten. In Familiensachen sind zusätzlich die Kinder einbezogen. Es geht letztlich um sie. Die Kinder müssen vor Gericht erscheinen und erhalten üblicherweise einen Verfahrensbeistand („Anwalt des Kindes“) beigeordnet. Auch dieser hört das Kind an. Das führt häufig zu starken Belastungen des Kindes, zu Loyalitätskonflikten und teilweise sogar zu Traumatisierungen.

Fazit: Ein Gerichtsverfahren sollte das letzte Mittel sein. Bevor zu Sorge- oder Umgangsrecht ein Gericht angerufen wird, müssen Eltern deshalb alle Möglichkeiten der gütlichen Einigung nutzen. Das sind vor allem respektvolle Gespräche auf der Elternebene, ohne persönliche Vorwürfe und vor allem ohne Anspielungen auf die gescheiterte Beziehung. Als nächstes kommen externe Beratungen in Betracht, v.a. durch Familienberatungsstellen (z.B. Beratungsstelle des Kichenkreises Ostholstein, Schloßstraße 11, 23701 Eutin, Tel.: 04521 8005-424, ev.beratungsstelle@kk-oh.de, www.ev-beratungsstelle.de). Als nächstes sind gemeinsame Gespräche mit Anwälten möglich. Optimalerweise gelingt es den Anwälten, die Eltern so zu begleiten, dass ihnen die Erarbeitung einer tragfähigen Lösung möglich wird.

Auch im Gerichtsverfahren wird zunächst umfassend versucht, den Eltern Einigungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Jede Einigung erspart dem Kind Belastungen. Vor allem aber zeigt das dem Kind, dass seine Eltern zu gemeinsamen Entscheidungen fähig sind. Gelingt das nicht, folgen Berichte des Verfahrensbeistandes, die Anhörung des Kindes und schließlich die Einschaltung eines Sachverständigen (Begutachtung von Kind und Eltern), Au dieser Basis trifft schließlich das Gericht seine Entscheidung.

Kosten

Im gerichtlichen Verfahren entstehen Gerichtsgebühren, idR rd. 300,00 €. Ein Sachverständigengutachten kann Kosten zwischen 2000,- und 4000,- € auslösen. Diese Kosten teilen sich die Eltern.

Die Anwaltsgebühren betragen mindestens 400,- € außergerichtlich und 600,- € im Gerichtsverfahren. Üblich ist der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung (Stundensatz).

Bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen können Sie für die Kosten des gerichtlichen Verfahrens Verfahrenskostenhilfe beantragen. Die außergerichtlichen Anwaltskosten werden dabei nicht übernommen. Auch im gerichtlichen Verfahrens besteht immer die Möglichkeit, dass nicht alle Kosten übernommen werden oder dass die Staatskasse Ihnen die Kosten nur vorstreckt. Sie müssen also in jeder Konstellation immer damit rechnen, dass Ihnen unabweisbare eigene Kosten entstehen.

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