Der für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu entscheiden, ob ein Mieter für die Zeit einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung während der COVID-19-Pandemie zur vollständigen Zahlung der Miete verpflichtet ist. Diese Frage war in der Zeit seit Beginn der Lockdown-Politik in der Rechtsprechung umstritten.
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass im bei Geschäftsschließung aufgrund staatlicher Maßnahmen Pandemiebekämpfung kein Mangel der Mietsache besteht und damit das mietrechtliche Gewährleistungsrecht nicht greift. Der Mieter kann also die Miete nicht „mindern“. Es kommt aber ein Anspruch des Mieters in Betracht, die Miete „wegen Störung der Geschäftsgrundlage anzupassen“ (§ 313 Abs. 1 BGB).
Nach Ansicht des BGH hätten die vielfältigen Maßnahmen im ersten Lockdown 2020 die sogenannte „große Geschäftsgrundlage“ betroffen. Darunter sei die Erwartung der Mietvertragsparteien zu verstehen, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern. Diese Erwartung sei durch die Allgemeinverfügungen „schwerwiegend gestört“ worden. Die Geschäftsgrundlage sei dadurch weggefallen.
Dies allein berechtige den Gewerbemieter aber noch nicht sofort zu einer Vertragsanpassung. Es kommt nach Auffassung des BGH weiter entscheidend darauf an, dass speziell dem Mieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten an dem unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Es muss also eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden. Dabei ist zu prüfen, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um drohende Verluste zu vermindern. Ebenfalls relevant können staatliche Zahlungen werden, die der Mieter zum Ausgleich pandemiebedingter Nachteile erhalten hat. Auch mögliche Leistungen aus der Betriebsversicherung spielten bei der Bewertung eine Rolle. Bei der Einzelfallbewertung unberücksichtigt bleiben laut BGH jedoch staatliche Unterstützungsmaßnahmen auf Basis eines Darlehens. Solche stellten keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen dar.
Dies bedeutet im Ergebnis also nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, er also eine Minderung der Miete verlangen kann, bedarf also in jedem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Eine pauschale Regelung hat der BGH demnach gerade nicht aufgestellt.