Kündigung erhalten? Was Arbeitnehmer beachten müssen

Der Erhalt einer Kündigung ist für viele Betroffene ein Schock. Vor allem sieht sich der Arbeitnehmer vielen Fragen und Unsicherheiten ausgesetzt. Was muss ich jetzt tun? Laufen Fristen? Wie kann ich mich gegen die Kündigung wehren? Erhalte ich eine Abfindung?

Ein häufiger Irrtum liegt etwa darin, dass es im Falle einer Kündigung einen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gäbe. Dies ist nicht so. Eine Abfindung steht vielmehr meist am Ende einer Verhandlung zwischen kündigungswilligem Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Aber zunächst zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Diese kann der Arbeitgeber in sogenannten Kleinbetrieben mit nicht mehr als zehn Mitarbeitern jederzeit ohne besonderen Grund aussprechen und muss dabei lediglich die gesetzliche oder arbeitsvertragliche Kündigungsfrist einhalten. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer noch in der Probezeit ist.

Wenn der Betrieb des Arbeitnehmers mehr als zehn Vollzeitmitarbeiter beschäftigt und das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate besteht, ist der Arbeitnehmer besser vor einer Kündigung geschützt. In diesem Fall greift nämlich das Kündigungsschutzgesetzes. Danach darf das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitgeber nur noch aus betriebsbedingten-, personenbedingten- oder verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden. Diese Gründe muss der Arbeitgeber im Fall eines Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht vom nachzuweisen. Darüber hinaus muss der Arbeitgeberbei der Kündigung auch die Sozialauswahl durchführen. Insgesamt liegen die Hürden für eine wirksame Kündigung sehr hoch.

Daneben gibt es den sogenannten besonderen Kündigungsschutz. Dieser gilt etwa für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen, Schwangere, Betriebs- oder Personalräte oder Arbeitnehmer in Elternzeit oder Pflegezeit. Der Arbeitgeber darf dann nur ausnahmsweise und nach Einholung einer vorherigen Zustimmung einer Behörde die Kündigung aussprechen. Auch Auszubildende dürfen praktisch nicht ordentlich gekündigt werden.

Schließlich kann eine Kündigung auch noch aus Anlass eines Betriebsüberganges verboten sein oder wenn es im Einzelfall Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit, Diskriminierung oder Treuwidrigkeit der Kündigung gibt.

In all den Fällen kann sich der gekündigte Arbeitnehmer wehren. Dies muss dadurch geschehen, dass der Arbeitnehmer selbst oder durch seinen Anwalt eine Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht erhebt. Hierbei darf sich der gekündigte Arbeitnehmer nicht allzu viel Zeit lassen, denn es gilt eine Frist von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung, die unbedingt eingehalten werden muss. Reagiert der Arbeitnehmer nicht innerhalb dieser dreiwöchigen Frist, gilt die Kündigung regelmäßig als rechtswirksam und kann nicht mehr angegriffen werden.

Im Kündigungsschutzverfahren muss der Arbeitgeber dann detailliert die angeblichen Kündigungsgründe darlegen und notfalls auch beweisen. Da das Arbeitsgericht aber meist bereits nach drei Wochen einen ersten Termin zu Güteverhandlung ansetzt, finden Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den allermeisten Fällen bereits dort eine Einigung. Diese sieht meist die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses vor unter Vereinbarung einer Abfindung für den Arbeitnehmer, die diese für den Verlust seines Arbeitsplatzes erhält. Die Höhe der Abfindung spiegelt meist das Interesse des Arbeitgebers an der schnellen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Chancen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess wider. Weiterhin spielt es eine Rolle, wie lange der gekündigte Arbeitnehmer dem Betrieb zuvor angehörte, denn wer eine lange Betriebszugehörigkeit aufweisen kann, erhält in der Regel eine höhere Abfindung. Kurzum: Wer als Arbeitnehmer einem besonders strikten Kündigungsschutz unterfällt, schon lange im Betrieb ist und dessen Arbeitgeber Schwierigkeiten hat, die Kündigungsgründe überzeugend darzulegen, der hat gute Aussichten eine ordentliche Abfindung zu verhandeln.

Da beim Arbeitsgericht (zumindest in 1. Instanz) allerdings jede Seite grundsätzlich ihre eigenen Anwaltskosten selbst tragen muss und auch bei gewonnene Prozess keine Kosten erstattet werden, ist eine Rechtsschutzversicherung, die Arbeitsrecht abdeckt, zu empfehlen. Diese trägt dann regelmäßig die Kisten eines Kündigungsschutzverfahrens.
In jedem Fall sollte der Arbeitnehmer nach Erhalt der Kündigung zunächst Ruhe bewahren und sich umgehend fachkundige Hilfe bei einem spezialisierten Rechtsanwalt besorgen.

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