Soziale Netzwerke müssen den Erben Zugriff auf das Nutzerkonto verstorbener Angehöriger ermöglichen. Die Erben dürfen das Konto allerdings nicht aktiv verwenden.
Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 27.08.2020 war eine Tragödie vorausgegangen: 2012 war eine 15-jährige Berlinerin im U-Bahnhof Schönleinstraße von einem Zug überrollt worden. Der Verdacht der Eltern war, dass ihre Tochter durch Mobbing in den Suizid getrieben worden sein könnte. Aufklärung erhofften sie sich von dem Facebook-Konto der Tochter. Dieses hatte der Internetriese in den sogenannten Gedenkzustand versetzt. Ein Zugriff war danach nicht mehr möglich.
Der Konzern setzte sich gegen die Wünsche der Eltern zur Wehr. Diese beriefen sich auf ihr Erbrecht. In seiner Grundsatzentscheidung vom 12.07.2018 entschied der III. Zivilsenat schließlich zugunsten der Universalsukzession und gegen eine erbrechtliche Sonderbehandlung von Profilen sozialer Netzwerke.
Der Streit setzte sich in vergleichbarer Konstellation über den Umfang der Rechte der Erben fort. Nach dem Urteil aus Karlsruhe hatte Facebook mitgeteilt: „Wir fühlen mit der Familie. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs haben wir der Familie die Informationen des Kontos ihrer verstorbenen Tochter übermittelt, einschließlich aller Nachrichten, Fotos und Posts“. Das bedeutete im Ergebnis die Übersendung einer ungeordneten pdf-Datei mit 14.000 Seiten Umfang.
Das LG Berlin erließ daraufhin ein Zwangsgeld gegen Facebook, da Zugriff auf das Konto zu gewähren sei. Dazu genüge ein passiver Zugang mit Leseberechtigung. Die Schaffung eines solchen sei dem Netzwerk auch zumutbar. In der Revision schloss sich der III. Zivilsenat der Meinung des LG Berlin an. Aus dem Erbrecht folge, dass Facebook den Gedenkzustand des Kontos aufheben müsse. Erst damit könnten die Eltern ihr Erbrecht vollständig wahrnehmen. Eine Einschränkung machten die Bundesrichter jedoch: Das Konto darf nicht wieder aktiv genutzt werden.